„Schneefall erzählt“ von Harald Klingelhöller, in der Skulpturenhalle Neuss.
Ein neblig kalter Tag, ein Tag vor der Finissage der Ausstellung. Draußen gefühlte kosmische Kälte. Auf den Pfützen Eisflächen aus geometrischen Mustern, die ungewöhnlich kristallografisch erscheinen. Nur weil man noch nicht alles gesehen hat, heißt nicht, dass das Gesehene außergewöhnlich ist. Irgendwann ist immer das erste Mal, dass man etwas wahrnimmt. Und dreieckige Eisschollen,… naja, warum nicht.
Wie das Eis im Draußen, so hat auch die Ausstellung drinnen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Das Werk Harald Klingelhöllers: Denkwürdig! - Mit Ansporn zum Grübeln.
Der Traum nimmt eine wichtige Rolle ein in den Arbeiten des Künstlers. Harald Klingelhöllers Werkstitel der Skulpturen wie „Im Traum der Träumer erwachen die Geträumten“ (2016), „Beside the Braindeath Concept, Repeated“ (1999), „Alle Metaphern werden wahr“ (2016), oder „Abend wird Abenden Gleich“, um nur einige zu nennen, laden ein zum Nachdenken.
Wahrscheinlich kennt man Momente des Innehaltens im Leben, Momente des Verlusts, Momente der Kälte, so abstrakt, dass man keine Worte dafür findet, und doch ist es gerade die Sprache, der Harald Klingelhöller eine Form verpasst. „Alle Metaphern werden wahr“! Wer sich die Bedeutung dessen verinnerlicht, sich ihrer bewusst wird, vielleicht der Traumdämmerung gewahr wird, wird das auf den ersten Blick vielleicht Unverständliche beginnen zu begreifen.
In Symbiose mit dem Bauwerk Thomas Schüttes, einem architektonischen Highlight mit strahlender Decke, das man so leicht nicht vergisst, hat Harald Klingelhöller den Raum fantastisch ausgefüllt mit seinen bizarren Schöpfungen über Wort, Sprache, Zeichen und Klang, in die Stille hinein, ohne Ton und Takt selbst zu bemühen.
„Wie kann man einem Kind begreiflich machen, dass seine Simulationen im Spiel Metaphern der Wirklichkeit sein könnten?“ Vielleicht ein Gedanke, der einfällt, mit dem Begreifen der Skulptur der Kette: „Im Traum der Träumer erwachen die Geträumten“. Eine Skulptur, die von der Unmöglichkeit des unteilbaren Raumes erzählt, deren Existenz die Raumteilung visualisiert, die sonst nicht wahrnehmbar wäre, weil keine fühl- bzw. wahrnehmbare Materie sie begreifbar macht. Mit diesem Begreifen bekommt man vielleicht eine erste Ahnung davon, was die „Schattenversionen“ von Harald Klingelhöller bedeuten.
… Schattenversion dreifach neben Raumecken … schwebend, M>1:1<1:20 (2022) über „Rivers Running Dry“ (zweifach, sternförmig) 2020
Ineinanderstapelungen von ebenen Flächen aus verschiedenen Materialien, mit der Fähigkeit Raum aufzuspannen. Oder gar unendliche Öffnungen zu erzeugen. Das gesamte Werk ist wie ein Spiel der Mathematik von Räumlichkeit und einer ersten Idee der universalen Kräfte. Das Echo von 2015 – „Will you remember?“ darf vielleicht auch als Anspielung auf die erste „gemessene“ Gravitationswelle verstanden werden, dargestellt als Materialisierung eines akustischen Spektrogramms aus Messing oder Aluminium. – Ist das was zurückkommt Erinnerung oder Vorstellung? Weist es in die Vergangenheit oder in die Zukunft?
Harald Klingelhöllers Arbeit ist ein faszinierender Ansatz sich den essentiellen Fragen unseres Seins zu stellen. Wert sich mit dem eigenen Denken und dessen Auswirkungen auseinanderzusetzen!
„Der Himmel über schmelzendem Schnee“, Schrankversion mit wiederholter Schrankform (2008)
„Abend wird Abenden Gleich“ (dreifach, sternförmig) 2022
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