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Auftakt

Gizella Marosan Lindig

Wie Birken, oder Baumrinden im gleißenden Licht, wie weggeschabte Farbe, Acrylpaste, anmutend wie ein Werk von Gerhard Richter, geradezu „richterisch“, so nennt es die Künstlerin selbst, wie stürzende Schatten eines gelbgrünen Bauwerkes, roter Regen dazu, der aus blaulila Wolken tropft, so eines der Werke der ungarischen Künstlerin Gizella Marosan-Lindig zur Serie „Auftakt“. Eingerahmt von einem Bläser, nicht Blazer, …Blasmusiker, der sein Saxophon bespielt, wahrscheinlich meisterlich beherrscht, von grüner Wand erdrückt, … und einer Stadtkulisse, leuchtlichternd neonbunt, in nächtlichem Gewirr aus Linien und Formen, … stadtgewordene Geometrie von schwarzen Schemen durchwandert, die auf der Suche sind, … nach Sinn? - Vielleicht.

Auf der Suche ist Gizella Marosan-Lindig nicht. Wenn man ihr begegnet wirkt es, als wäre sie angekommen, und hätte gefunden, was gefehlt hat in einer Zeit der ewigen Reisen und dem musikalischen Spiel um Aufmerksamkeit und Anerkennung. Die Künstlerin versteht zu bezaubern, durch ihr Lächeln und ihre Kunst, und hat sich dem rechten Ton in Farbe zugewendet. Ihr Cello hat die Ungarin nach vielen Jahren im Orchester zur Seite gestellt und verleiht der Macht der Musik nun ein stilles Bild. Lautlos im Takt, nur farbig pointiert, wie ein Nachklang auf eine große Zeit, als das Reisen das Leben bestimmte, und der richtige Streich, gekonnt vollbracht im rechten Augenblick, das Dunkel der Menschen erhellen und die trüben Seelen zum Leuchten bringen konnte.

Die Kunstwerke sind so unterschiedlich, wie sie nur sein könnten. Manch einer mag sich daran stören, dass er keine Serien sieht, die alle im gleichen Stil und gleichen Ton zu bestaunen sind, doch Gizella Marosan-Lindig lässt sich nicht darin beirren, das zu Leinwand zu bringen was und wie es ihr gefällt. Sie zeigt eine Welt, die mehr ist als nur ein Eindruck dessen, was uns unsere Augen vorgaukeln. Sie zeigt Facetten des menschlichen Denkens und veranschaulicht Wahrnehmung von Details, die man allzu leicht im Alltag übersieht.

Lichtgequadertes spiegelndes Wasser, monitoresk eine Gestalt am Meer. - Meer? See? Wasser? Oder nur ein Spiegel? - Vielleicht. - Spiegelungen im Wasser, in Verpixelungen aufgelöst, weiß und blau, mit rotem Wasserläufer, ein Mensch wohl, vielleicht ein Kind, auf jeden Fall eine menschenähnliche Gestalt, … so glaubt man zu sehen. Die Farbe der Kraft, ein Blau des Vertrauens, und das Rote dazu, Vollendung deutet sich an.

Den Werken von Marosan-Lindig wohnt ein Zauber inne. Auch bei der Frau mit rotem Hut. - Der Hut, ein roter Schirm gegen gleißende Sonne, in heißem Süden vielleicht, an kühlem Wasser, ausruhend, entspannend, am Rande eines hellen Beckens, vor weiß getünchten Mauern vielleicht; die indes, existieren nur in der Fantasie.

Gelassenheit und Ruhe geht von den Bildern aus. Eine unglaubliche Kraft, die man in fast allen Werken spüren kann.

Selbst bei dem Dirigenten, der seinem Orchester den Takt vorgibt. Man kann die Symphonien fast hören, die nach vielen schweißtreibenden Übungsstunden in einer atemberaubenden Einheit an das menschliche Ohr dringen und sich den Weg bahnen bis tief in die Seele, wo die Harmonien sie berühren. - Maestro vor seinem Orchester, ein Dirigent voller Strahlkraft, der bestimmt, wie die Musik zu klingen hat, der den Ruhm erntet, den die Vielen erspielen, angebetet von einem Publikum, das sich keine Vorstellung davon macht, dass die Musik auch Schweiß und Tränen bedeutet.

Tränen für die Vielen, denen Musiker das Leben wieder und wieder versüßen und verschönern, denen sie dieses einmalige Gefühl schenken, das sich der Komponist eins erdachte. Gefühl, wie ein Geschenk aus fremden Welten, - Musik, Klänge, wie die Brücke zwischen dem Universum und den Menschen.

Da ist der Skispringer, umwölkt von Schneeflocken, wie getragen von dem himmlischen Orchester, dem Wind, in dem sie treiben, unter Beobachtung der Schemen, die unter Bäumen verweilen, Kraft spendend und hoffend, dass der Flug sicher zu Ende geht. Der Absprung von der Schanze, wie mag er sich anfühlen, dick eingepackt in winterwarme Thermofasern, begleitet vom Aufstieben des weißen Naß, das sich aus abertausenden von Kristallen, jeder einzigartig in seiner Form, zu einem Schneegestöber zusammengeclustert hat. Die Kälte ist fast greifbar und am Horizont schauen sie zu, die Schemen, die Gestalten, die Anderen, deren Hoffnung auf dem Einen ruhen, dem mit dem blauen Helm, diesem Mutigen, der den Sprung tatsächlich wagt.

Tänzer in weiß, wie Engel auf spitzgedolchten Zehenspitzen, still tanzend an unsichtbaren Fäden, das Fliegen lernend, vor rotleuchtender Kulisse, … die Bühne des Menschlichen ist so bizarr und gleichzeitig löst sie sich auf in vage Geschichten, vielleicht Fantasiekonstrukte, futuristisch anmaßend, wie auch das zerstückelte Cello, das daherkommt, wie ein Werk von George Braque, in eben denselben Tönen, nur dass die Saiten des Instruments von zwei Geisterhänden gezogen werden, wie der Urkraft aus dem Nichts, einem, oder DEM göttlichen Funken gleich.

Futurismus, Kubismus, … Gizella Marosan-Lindig spielt mit den Stilen und verführt dazu sich zu erinnern. An einst Gesehenes, Erlerntes, … an Wissen, das man tief in sich trägt. Sie spielt mit Licht und Lichtern, mit den Elementen und ihrer Wirkung. Momente im Regen werden zur Lust und selbst die trüben Ansichten laden zum Träumen ein.

Ein Gelb im Verkehr und man denkt sich nach Westen. Gelbe Busse, yellow cab! - Wer weit gereist ist weiß, wo sie fahren. Und man darf ein wenig träumen, zurückdenken und sich erinnern, selbst an die trüben Tage, jene im Regen, oder an Tage, an denen man am liebsten die Decke über dem Kopf behielt.

Gizella Marosan-Lindig ist eine faszinierende Frau, eine Persönlichkeit mit Charisma und einem Lachen, das mitreißt. Mit in eine Welt, aus der man nur Geschichten kennt, und von denen sie Einsichten in ihren Werken hinterlässt, die verzaubern. Die Welt der Kulturschaffenden, die stets auf Reisen sind, von einem Ort zum andern, um die großen Bühnen der Welt zu bespielen, und die nichts sehnlicher erhoffen, als den Applaus, wenn eine Vorführung gelingt. Anerkennung für das, was sie zu leisten imstande sind.

Menschlich, klein und scheinbar banal hat die Künstlerin ein Werk überlassen, das man zweimal durchdenkt: Taschen! - Farbig. - Ohne Aufschrift. - Jeans blau, umgehangene Tasche aus vielleicht Leder, schwarz. Einkaufstaschen weiß, rot, lila. Paperbag, Plastic-Bag, könnte lila wohl Baumwolle sein? - Ein ganz normaler Tag. Eine Stadt, vielleicht, irgendwo, irgendwann, unwichtig, … ein wenig Zeit vergeudet, sich berauscht an Dingen, ohne größere Bedeutung, … nur für sich. Für sich ganz allein. Um einfach einmal nur Mensch zu sein und nicht einer, der Großes vollbringen muss, um Anderen einen Moment vollendeter Verzückung zu schenken.

Verzückung wie beim Anblick der Kunstwerke, überwiegend in Acryl auf Leinwand, bei denen sich kein einheitlicher Stil erkennen lässt. So unterschiedlich und vielseitig sind die Gemälde, dass man versucht ist einen Gedanken zuzulassen, welcher sich der Frage zuwendet: Ist es wirklich möglich, dass ein Künstler so viele Stilarten beherrscht, dass man versucht ist die einzelnen Werke unterschiedlichen Künstlern zuzuordnen?

Verkehr, wie Stadtautobahnen und die Lichter verlieren sich in der Ferne, irrlichternd verteilend, wie Elementarteilchen in beginnender Entropie. Bedeutungslos das Einzelne, die Gesamtheit Aller macht die Straße wert, ihr einen Augenblick zu widmen und den Moment einzufrieren, in dem die Wagen ihren Zielen zustreben, die vielleicht Koordinaten tragen, aber doch nie das Ende der Reise sein werden. Sein können.

Gizella Marosan-Lindig wirft Fragen auf.

Und manchmal scheint es, als ob ihr das Spiel gefallen würde.

Ihre Vielseitigkeit fasziniert und ihre Erscheinung beeindruckt. Sie lässt sich nicht brechen, sagt selbst, sie ist jeden Tag, jede Minute irgendwie anders, was sie sieht beeinflusst sie und sie setzt darauf hin um, was sie bewegt. „Ich bin keine Malfabrik. Ich mach, was ich will.“ Es sind genau diese Worte, die sich in den Bildern widerspiegeln. Kraft ausdrücken. Nicht bereit sich auf eine Sache festnageln zu lassen.

Ein Löwenkopf findet sich in der Sammlung der Werke, der bei langer Betrachtung übergeht in einen Hund, um am Ende schließlich menschliche Züge anzunehmen.

Ein Diptychon einer Wüstenlandschaft macht nachdenklich bei der Ansicht eines Baumes mit bizarr verdrehtem Geäst. Auf einem Triptychon aus quadratischen Einzelteilen brennen Baumstämme in loderndem Feuer vor arider Kulisse, und das Wasser eines Kanals in einer bunten Gesteinsformation, wie dem Bryce Canyon, fehlt, … man findet sich vor Werken, welche Naturphänomene der Zerstörung zeigen.

Dagegen wirken zwei Werke von Wasser und Wasserspiegelungen mit Blüten und Blättern geradezu beruhigend harmonisch.

Und dann sind da die … ja was eigentlich? Pfirsiche? … - Nektarinen sind roter, Mandarinen orangener, Orangen größer, Zitronen gelb, aber der Titel sagt nur: „Reife“. Was machen wir daraus? Pfirsiche könnten es sein. Oder Mirabellen. Wir entscheiden uns für MIRabellen.

Rote Jacken, zwei Rücken von Menschen, groß und klein, blaue Tasche, umgehängt, eine Straße ins Nichts, vielleicht, nur noch Licht und am Ende ein Baum, ohne Blätter, ganz kahl, wie tote Natur. Eine Flucht, perspektivisch, die Hoffnung verheißt, das Licht wie Nebel, eine Fata Morgana ins Morgen, vielleicht, „…gehen wir hin?...“ die Bewegung noch stockend, noch unentschlossen, wie wird es ausgehen? Man weiß es nicht.

Die Ausstellung „Auftakt“ hat uns in das breite Spektrum der Arbeiten der ungarischen Artistin eingeführt und wir sind beeindruckt von der Vielfalt und Tiefsinnigkeit der Werke. Kreativität bietet vielfältige Möglichkeiten der Weltdarstellung und damit verbunden eine Weltwahrnehmung, die sich über die Realität hinwegsetzt. Wir sind gespannt, über was für neue Kreationen man als nächstes wird staunen dürfen. Bleibt es bei Acryl auf Leinwand, oder wird auch das Medium irgendwann gewechselt.

Am Ende der Ausstellung „Auftakt“ in der Laudenbacher Rathaus-Galerie bleibt wenig mehr zu sagen als DANKE! Für den Einblick in die Arbeiten, die viel über den Menschen Gizella Marosan-Lindig aussagen. Einen ungezwungenen Geist voller Energie und Schaffenskraft und dem Talent Menschen für sich zu begeistern.

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